Ein erfahrener und gut ausgebildeter Anästhesist ist entscheidend für die Patientensicherheit während einer Narkose. Trotzdem belegen Studien, dass bestimmte negative Vorkommnisse auf das Handeln des Anästhesisten zurückzuführen sind. Obwohl hämodynamische Überwachung nicht alle Risiken ausschließen kann, gibt es Hinweise, dass sie dabei hilft, Risiken durch frühzeitige Erkennung zu reduzieren.
WARUM ÜBERWACHEN?
Hämodynamische Überwachung bietet Ärzten Einsicht in das Herz-Kreislauf-System, um Diagnosen zu stellen und Therapien bei Instabilität anpassen zu können. Verschiedene hämodynamische Monitore liefern jedoch unterschiedliche Informationen und erfordern ein genaues Verständnis der Parameter, um Anomalien zu erkennen und individuelle Therapieziele festzulegen. Dr. José Miguel Alonso Iñigo erklärt die klassischen Parameter der P.R.A.M.- Methode (Pressure recording analytical method), die in HZV-Monitoren (Herzzeitvolumen-Monitoren) vorhanden, aber gerätespezifisch sind.
HERZZEITVOLUMENMONITORE
Für eine präzise Patientenbewertung und gezielte Behandlung ist die hämodynamische Überwachung unerlässlich. Es gibt HZV-Monitore, die auf physikalischen Methoden der Hämodynamik oder statistischen Methoden basieren.
Die P.R.A.M.-Methode, die auf dem Otto-Frank-Gesetz basiert, kann in Echtzeit und Schlag für Schlag feine hämodynamische Veränderungen des Patienten erfassen. Sie liefert unabhängig von Alter, Geschlecht, Gewicht, Größe oder vorliegender Pathologie präzise und umfassende Informationen über den Zustand des Patienten, was eine gezielte und effektive Behandlung ermöglicht.
Mit der P.R.A.M.-Methode können alle klassischen hämodynamischen Parameter überwacht werden, darunter:
- das Schlagvolumen (SV)
- das Herzeitvolumen (CO oder HZV)
- das Sauerstoffangebot (DO2)
- die Pulsdruckvariation (PPV)
- die Schlagvolumenvariation (SVV)
- der systemische Gefäßwiderstand (SVR).
Mithilfe der P.R.A.M.-Methode können nicht nur klassische hämodynamische Parameter überwacht werden, sondern auch komplexe Parameter wie die Effizienz des Herzzyklus (CCE), arterielle Elastanz (Ea), dynamische Elastanz (PPV/SVV), Impedanz des kardiovaskulären Systems (Z) und die Differenz zwischen mittlerem arteriellem und dikrotischem Blutdruck (MAP-Dic). Diese umfassende Überwachung erlaubt eine präzise Analyse der Patientenhämodynamik und ermöglicht eine individuell angepasste Behandlung zur optimalen Versorgung.
KLASSISCHE HÄMODYNAMISCHE PARAMETER
Unabhängig von der verwendeten Methode fokussiert sich die hämodynamische Überwachung auf die Analyse unterschiedlicher Parameter, die wertvolle Informationen über den Zustand des Herz-Kreislauf-Systems eines Patienten geben. In diesem Kontext sind es insbesondere die klassischen hämodynamischen Parameter, die in diversen HZV-Monitoren verfügbar sind. Die Berechnungsmethoden dieser Parameter variieren je nach Gerät.
Der wesentliche Unterschied zwischen der P.R.A.M.-Methode und anderen Monitoren ist, dass sie die klassischen hämodynamischen Parameter auf eine einzigartige Art und Weise dynamisch Schlag für Schlag ermittelt werden. Dies erlaubt eine kontinuierliche Überwachung und liefert eine präzise Momentaufnahme des Zustands des Herz-Kreislauf-Systems.
KURVENBEREICH
Die Darstellung der Kurvenform des arteriellen Drucks in einem geeigneten Bereich ist für alle Überwachungsgeräte essenziell. Eine optimale Kurvenform gewährleistet eine präzise Bestimmung des Schlagvolumens und daraus das Herzzeitvolumen. Die P.R.A.M.-Methode hebt sich durch ihre hohe Abtastfrequenz von 1.000 Hz hervor. Zudem ist sie mit einer automatischen Skalierung und dynamischen Filtern ausgestattet, die das Vorhandensein einer arteriellen Resonanz erkennen können.
Ein weiterer bedeutender Aspekt in diesem Kontext ist der dikrotische Punkt. Bei der P.R.A.M.-Methode wird dieser für jeden einzelnen Herzschlag durch eine grüne Linie dargestellt. Die Echtzeit-Erkennung des dikrotischen Punktes bildet die Basis für die Berechnung des Schlagvolumens und ermöglicht eine Analyse des gesamten Herzzyklus durch die Identifizierung von Systole und Diastole.
BLUTDRUCKWERTE
Hier werden systolischer, diastolischer und mittlerer Blutdruck sowie Pulsfrequenz angezeigt. Bei der P.R.A.M.-Methode gibt es auch den dikrotischen Druck, der einen Mehrwert in der Bewertung bietet.
Dikrotischer Druck
Der dikrotische Druck stellt einen bedeutsamen Parameter dar, da er eine Verbindung zur ventrikulär-arteriellen Kopplung aufzeigt, was seine besondere Relevanz betont.
Der dikrotische Druck ist zumeist dem mittleren arteriellen Druck ähnlich und liefert vergleichbare Informationen. Allerdings können in bestimmten Situationen Unterschiede zwischen diesen beiden Parametern auftreten. Das legt nahe, dass der dikrotische Druck zusätzliche Einsichten in die hämodynamische Lage des Patienten bieten kann, die über das Maß des mittleren arteriellen Drucks hinausgehen.
Bei Pathologien wie Aorteninsuffizienz, Aortenstenose, Vasoplegie oder Sepsis kann der dikrotische Druck erheblich vom mittleren arteriellen Druck abweichen.
Angesichts solcher Krankheitsbilder ist es sinnvoll, sowohl den dikrotischen als auch den mittleren arteriellen Druck zu überwachen. Dies liefert zusätzliche Informationen, die ein präziseres Verständnis der hämodynamischen Situation ermöglichen und helfen, die Therapie adäquat anzupassen. Ein solches Vorgehen kann die Sicherheit und Effektivität der Behandlung steigern und eine optimale Patientenversorgung sicherstellen.
Pulsfrequenz
Im Rahmen der Überwachung lässt sich auch die Pulsfrequenz erfassen, die die Anzahl der pro Minute in der Arterie tatsächlich gemessenen Herzschläge wiedergibt. Diese Frequenz bietet wichtige Einblicke in die Herzaktivität und ermöglicht die frühzeitige Erkennung von Veränderungen im Herzrhythmus, um entsprechend darauf reagieren zu können.
FLUSS- UND PERFUSIONSPARAMETER
Das Schlagvolumen (SV) und das Herzzeitvolumen (CO) sind entscheidende Parameter, um Informationen über den Blutfluss im Körper und dessen Verteilung zu gewinnen. Zudem sind zusätzliche Informationen bezüglich der Gewebeperfusion für die Steuerung der Behandlung relevant. Die P.R.A.M.-Methode beinhaltet einen Parameter für das Sauerstoffangebot (DO2), der darüber informiert, wie effizient Sauerstoff zu den Geweben gelangt. Dieses Wissen ist essenziell, um den Zustand des Patienten zu beurteilen und die Therapie gezielt anzupassen.
Schlagvolumen
Das Schlagvolumen (SV) gibt die Menge an Blut an, die bei einem einzigen Herzschlag aus dem linken Ventrikel ausgestoßen wird. Physiologisch liegt das Schlagvolumen im Ruhezustand zwischen 60 und 100 ml.
Herzzeitvolumen
Das Herzzeitvolumen (CO) beschreibt das Volumen an Blut, das pro Minute von der linken Herzkammer ausgestoßen wird. Es wird berechnet, indem man das Schlagvolumen (SV) mit der Pulsfrequenz (PR) multipliziert:
CO = SV x PR
Physiologisch liegt das Herzzeitvolumen im Ruhezustand zwischen 4 und 8 l/min.
Das Sauerstoffangebot
Das Sauerstoffangebot (DO2) gibt die Menge an Sauerstoff an, die dem Gewebe pro Minute zur Verfügung steht. Für die Berechnung dieses Parameters werden Hämoglobin- und Sauerstoffsättigungswerte benötigt, welche in den Monitor eingegeben werden. Mit der P.R.A.M.-Methode lässt sich somit Schlag für Schlag das Sauerstoffangebot des Gewebes bestimmen.
Im Ruhezustand liegt der physiologische Wert des DO2 in der Regel zwischen 400 und 600 ml/min/m².
Vorlast- und Flüssigkeitsreaktionsparameter
Wenn wir von Vorlast- und Flüssigkeitsreaktionsparametern sprechen, denken wir an die Pulsdruckvariation (PPV) und die Schlagvolumenvariation (SVV). Diese Parameter sind in der klinischen Praxis wohlbekannt und in allen Herzzeitvolumenmonitoren verfügbar.
Jedoch gibt es viele Fragen zu diesen beiden Parametern: Liefern sie ähnliche Informationen? Sind sie direkt miteinander vergleichbar?
Unterschiede zwischen PPV und SVV
Sowohl die Pulsdruckvariation (PPV) als auch die Schlagvolumenvariation (SVV) gelten als verlässliche Indikatoren für die Reaktion auf Flüssigkeitszufuhr. Dennoch bieten sie unterschiedliche Informationen und sind nicht identisch.
Beide Parameter sind mit dem Atemzyklus verbunden: PPV zeigt die dynamischen Druckänderungen während des Atemzyklus, wohingegen SVV die dynamischen Volumenänderungen darstellt.
Ein markanter Unterschied ist, dass PPV direkt gemessen wird, während SVV ein abgeleiteter Wert ist, der auf der Analyse der arteriellen Druckkurve basiert.
Flüssigkeitsreaktionsparameter wie PPV und SVV geben uns nicht direkt Auskunft über die Vorlast des Patienten. Vielmehr zeigen sie, ob der Patient positiv auf intravenös verabreichte Flüssigkeiten reagiert. Eine positive Reaktion dieser Parameter weist darauf hin, dass der Patient von der Flüssigkeitszufuhr profitiert und sowohl sein Schlagvolumen als auch sein Herzzeitvolumen ansteigen. Eine konkrete Information über den genauen Vorlastzustand des Patienten wird jedoch nicht gegeben.
NACHLAST-PARAMETER
Der systemische Gefäßwiderstand (SVR) stellt klassischerweise die periphere oder systemische Nachlast dar. Er gibt Aufschluss über den Widerstand, den das Blut überwinden muss, wenn es vom linken Ventrikel in das arterielle System ausgestoßen wird.
Systemischer Gefäßwiderstand (SVR)
Der systemische Gefäßwiderstand wird nicht direkt erfasst oder geschätzt, sondern vom Monitor anhand folgender Formel berechnet:
Im Ruhezustand bewegt sich der physiologische Bereich zwischen 800 und 1400 dyn·sec/cm5, während der indizierte Wert zwischen 1600 und 2400 dyn·sec·m2/cm5 liegt.
Der SVR gibt Aufschluss über die Nachlast, die als eine statische Komponente des Herz-Kreislauf-Systems betrachtet wird. Das Verständnis sowohl der klassischen als auch der erweiterten Parameter ermöglicht den Medizinern eine präzisere Diagnose und eine optimierte Versorgung des Patienten.
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