9 Vorteile einer EKG-gesteuerten zentralvenösen Katheterisierung

Santiago Pérez Espartero & Toni Polo Miret

Beim ersten Versuch eine erfolgreiche zentralvenöse Katheterplatzierung durchzuführen ist selbst für die erfahrensten Fachleute eine Herausforderung. Es gibt jedoch verschiedene Methoden, die Platzierung und die anschließende Lagekontrolle erleichtern können. 

Die Lage der Katheterspitze ist von großer Bedeutung und entscheidet darüber, ob es sich um einen zentralen oder einen peripheren Katheter handelt, und damit über die Verwendung des Katheters. Idealerweise sollte sich das distale Ende eines ZVK kurz vor der Einmündung in den rechten Vorhof  befinden, um eine maximale Flussrate für eine sofortige Verdünnung der Infusionen zu erreichen und das potenzielle Risiko einer Gefäßruptur, Herzperforation und/oder Thrombose zu verringern.1 Katheter, deren Spitze sich nicht in dieser Position befindet, werden als peripher betrachtet und haben eine eingeschränktere Funktionalität in Bezug auf Anwendungsdauer und Leistung

Eine einfache und kostengünstige Methode mit einer hohen Genauigkeitsrate zur korrekten Positionierung der Katheterspitze basiert auf elektrokardiographische Veränderungen der P-Welle, die beim Vorschieben des Katheters in die Hohlvene auftreten.1 

ZVK – Verwendung

Wie wir wissen, ist ein zentralvenöser Katheter (ZVK) ein Katheter, dessen Spitze sich im unteren Drittel der oberen Hohlvene, des rechten Vorhofs oder der unteren Hohlvene befindet. Die Katheter können über eine periphere Vene (PICC und FICC) oder zentrale Vene (CICC) platziert werden. In der Regel sind es die V. basilica, die V.  femoralis, die V. jugularis interna oder die V.subclavia.2 

Die Platzierung eines ZVK ist aufgrund der zahlreichen Indikationen zu einem gängigen Verfahren geworden1:  

  • Verabreichung von Medikamenten: Chemotherapie, vasoaktive Medikamente, Antibiotika usw. 
  • Flüssigkeitstherapie 
  • Parenterale Ernährung  
  • Dialyse / Hämofiltration 
  • Verabreichung großer Flüssigkeitsmengen und häufige Blutentnahme 
  • Messung des zentralvenösen Drucks 
  • Fehlen eines peripheren vaskulären Zugangs 
  • .. 

ZVK sind ein Eckpfeiler in der Patientenversorgung, insbesondere bei kritischen Patienten. Die Insertion kann jedoch mit bestimmten Komplikationen verbunden sein.

Komplikationen bei der ZVK-Insertion

Komplikationen im Zusammenhang mit ZVK treten bei fast 15% der Patienten auf, wobei wir hauptsächlich mit mechanischen Komplikationen (5 bis 19%), infektiösen Komplikationen (5 bis 26%) und thrombotischen Komplikationen (2 bis 26%) konfrontiert sind. Wenn sie auftreten, führen sie zu einem längeren Aufenthalt, erhöhten Krankenhauskosten,
Morbidität und Mortalität.

Komplikationen können wie folgt klassifiziert werden: 

  • Früh: während der Implantation.1 
    • Arrhythmien 
    • Gefäßschäden 
    • Nervenpunktion 
    • Punktion von Arterien 
    • Pneumothorax 
    • Hämothorax 
    • Herztamponade 
    • Neurologische Schädigung
    • Embolisationen 
  • Spät: aufgrund der Liegedauer des Katheters.1 
    • Infektionen 
    • Thrombose 
    • Embolisationen 
    • Gefäßschäden 
    • Herztamponade 
    • Lymphatische Schädigung 
    • Arteriovenöse Fistel 

12% machen Pneumothorax und arterielle Punktion aus (mechanische Komplikationen), die sich nach dem dritten Insertionsversuch versechsfachen.1 

Gefäßschäden, die verursacht werden, wenn die Katheterspitze falsch positioniert ist, sowohl während der Platzierung als auch infolge einer chronischen Verletzung, wurden als Initialereignis und als dauerhafte Thrombose erkannt. Wenn die Spitze des Katheters an der Gefäßwand anliegt, kann es zu dauerhaften Schäden kommen.1 

Um dieses Problem zu reduzieren, werden verschiedene Methoden verwendet, um die Platzierung zu erleichtern, die ideale Länge des Katheters zu berechnen und zu überprüfen, ob die Spitze des Katheters gut positioniert ist. 

Methoden zur Vereinfachung der Venenpunktion 

Traditionell werden folgende Methoden zur Vereinfachung der Punktion verwendet: 

  • Direkter Blick auf oberflächliche Venen 
  • Palpation 
  • Orientierung durch anatomische Bezugspunkte 

Mit der technologischen Weiterentwicklung werden neue Methoden integriert, wie zum Beispiel Lokalisation mit: 

  • Infrarotlicht (bei Kindern) 
  • Röntgenstrahlen  
  • Ultraschall, die am häufigsten verwendete Methode 

Vorteile der ultraschallgesteuerten zentralvenösen Katheterplatzierung 

Zur Erleichterung der Venenpunktion und zur Erhöhung der Patientensicherheit ist die ultraschallgestützte Platzierung eines zentralen Venenkatheters wann immer möglich erforderlich, da sie das Risiko einer Fehlpunktion verringert: 

  • Die Zahl der fehlgeschlagenen Versuche sinkt um 86% und die Zahl der fehlgeschlagenen Erstversuche (Jugularkatheter)
    um 41%.1 
  • Zeitaufwand des Eingriffs.1 
  • Häufigkeit von Komplikationen nimmt um 57% ab.1 
  • Krankenhausaufenthalt: aufgrund der Verringerung von Komplikationen.1 
  • Krankenhauskosten: aufgrund der Verringerung der Komplikationen.1 

Methoden zur Berechnung der idealen Länge des ZVK 

Wie wir zu Beginn des Artikels gesehen haben, sind die am häufigsten verwendeten Venen für die Katheterisierung zentraler Venenkatheter die V. jugularis interna und die V. subclavia beim zentralen Zugang (CICC) sowie die V. femoralis (FICC) und die V.brachialis (PICC) beim peripheren Zugang.1 

Für eine erfolgreiche Katheterisierung ist es wichtig, die Länge des Katheters korrekt zu berechnen, dafür gibt es Formeln und Näherungsmaße, je nachdem, ob es sich um einen zentralen Venenkatheter (ZVK) mit zentralem oder peripherem Zugang handelt. 

longitud-cvc-deutsch

In den vorherigen Infografiken werden die verschiedenen Methoden dargestellt, die verwendet werden, um die Länge des Katheters zu berechnen. Hierbei entscheidend ist der Einführpunkt und wo sich die Spitze des Katheters befindet. Diese Methode liefert jedoch nur eine Annäherung, keine exakte Messung, da dies von der Anatomie jedes Einzelnen abhängt. Aus diesem Grund sollte vor Gebrauch des ZVK die korrekte Position der Katheterspitze überprüft werden.

Methoden zur Bestimmung der korrekten Position der Katheterspitze: 

Die korrekte Platzierung der Spitze des ZVK ist enorm wichtig, um den erwarteten Therapierfolg zu erzielen und mögliche Komplikationen zu vermeiden. Im Allgemeinen ist die ideale Position in einem Gefäß mit großem Durchmesser außerhalb des Herzens und parallel zur Venenachse zu platzieren, um Läsionen zu reduzieren.1

Folgende Methoden helfen die korrekte Position der Katheterspitze zu überprüfen: 

  1. Radiologische Methode: Radioskopie/Fluoroskopie und Röntgen des Brustkorbs. Bei diesen Methoden wird die Carina als radiologische Referenz für die korrekte Platzierung der Katheterspitze verwendet. Zu den Implikationen gehören die Exposition des Patienten gegenüber den Auswirkungen von Strahlung und Kosten. Zusätzlich die Schwierigkeit, den Katheter korrekt zu identifizieren, insbesondere bei Patienten, die Elektroden oder andere Drähte tragen. 
  2. Echokardiographische Methode: Transthorakale (ECTT) und transösophageale (ECTE) Echokardiographie. In diesem Fall wird beobachtet, ob sich die Spitze des Katheters 1 cm über dem Endkamm befindet. Diese Methode erfordert einen erfahrenen Echokardiographen, da es schwierig ist, die obere Hohlvene (SVC) mit herkömmlichem Ultraschall sichtbar zu machen. 
  3. Elektrokardiographische Methode: Intrakavitäres Elektrokardiogramm unter Verwendung eines Monitors am Krankenbett oder eines speziellen Monitors. 

Katheterspitzenlokalisation eines ZVK mit Hilfe eines intrakardialen EKG

Diese Methode hat eine Sensitivität von 97,3%, eine Spezifität von 100% und eine Falsch-Positiv-Rate von Null. Mit Hilfe des intrakavitären Elektrokardiogramms ist es möglich, alle Verdachtsfälle einer Fehllage zu identifizieren.1 

Die EKG-gesteuerte ZVK-Platzierung basiert auf elektrokardiographischen Veränderungen, die beim Vorschieben des ZVK in die Hohlvene auftreten und auf dem EKG-Monitor angezeigt werden. Parallel zu diesem Vorschub variiert die Amplitude der P-Welle im Elektrokardiogramm (EKG).1 

Wenn die Welle ihren maximalen Amplitudenpunkt erreicht, ist die Spitze des Katheters optimal positioniert – im distalen Segment der Hohlvene. Wenn die P-Wellenform jedoch negativ ausschlägt, bedeutet dies, dass der Katheter die Hohlvene passiert und in den rechten Vorhof eingeführt wurde. 1 

P-Wellen-Überwachung 

Vor Beginn des Eingriffs sollte das Elektrokardiogramm (EKG) auf das Vorhandensein der Welle überprüft werden, dann werden wir die Veränderungen in der Welle beobachten, wenn der Katheter in Richtung Herz vorgeschoben wird 1:  

Obere V. cava superior

Die P-Welle hat die gleichen Abmessungen wie die normale Welle.

Kurve-Obere-V.-cava-superior

Untere V. cava superior

Die P-Welle nimmt an Höhe zu

Untere-V.-cava-superior-

Cavoatrialen Übergang

Die p-Welle am maximalen Amplitudenwert (Pmax) ohne negative Segmente

Rechtes Atrium

Negatives Segement vor der P-Welle und/oder eine Abnahme der Amplitude der P-Welle

rechtes-Atrium

  • Katheter zurückziehen bis ½ Pmax (unteres Drittel SVC)
  • Katheter zurückziehen bis Pnormal (oberes Drittel SVC)
  • Optimale Lage der Katheterspitze ca. 2 cm Eintritt in den rechten Vorhof

Untere-V.-cava-superior-

Intrakavitäres Elektrokardiogramm (EKG IC)

Die Position der Katheterspitze in der V. cava kann ermittelt werden, indem der Katheter oder sein Führungsdraht als intravaskuläre Elektrode betrachtet wird, die die „rote“ Elektrode auf der rechten Schulter des normalen Oberflächen-Elektrokardiogramms ersetzt.1

Die einzelnen Schritte der Platzierung nach Seldinger werden in der Regel wie folgt durchgeführt:

  1. Verwenden Sie aseptische und antiseptische Techniken in dem Bereich, in dem die Kanalisierung durchgeführt wird.
  2. Führen Sie eine Punktion im gewählten Zugangsgefäß mittels Ultraschall durch.
  3. Punktieren Sie das Gefäß mit einer Kanüle gekoppelt mit Spritze.
  4. Entfernen Sie die Spritze vorsichtig, wenn ein dunkler Blutfluss beobachtet wird.
  5. Führen Sie den Sicherheitsguide durch die Kanüle ein.
  6. Machen Sie einen kleinen Einschnitt in die Haut für den Dilatator, um den Zugang des Katheters zu erleichtern.
  7. Führen Sie den Dilatator mit einer kleinen Drehbewegung ein.
  8. Entfernen Sie den Dilatator und schieben Sie den Katheter über den Sicherheitsguide in das Gefäß. Der Katheter darf erst die Punktionsstelle passieren, wenn der Führungsdraht
    durch das distale Lumen ausgetreten ist und mit einer Hand fixiert wurde
  9. Der Katheter wird über den Führungsdraht vorgeschoben. Dabei ist der Führungsdraht zu fixieren, um ein zu tiefes bzw. weiteres Vorschieben des Führungsdrahtes zu vermeiden.
  10. Verbinden Sie den Druckknopf des Anschlusskabels mit der rechten roten Thorax-EKG-Leitung.
  11. Verbinden Sie die Kabelklemme mit dem Sicherheitsguide. Um zu verhindern, dass der Patient einen elektrischen Schlag erhält, stellen Sie die Verbindungen in dieser Reihenfolge her.
  12. Schieben Sie den Katheter nach und nach vor, bis eine isobiphasische P-Welle auf dem Monitor sichtbar wird, die uns sagt, an welcher Position sich die Spitze befindet.
  13. Entfernen Sie den Sicherheitsguide und befestigen Sie den Katheter an der Haut.
  14. Falls notwendig – Führen Sie eine einfache Röntgenaufnahme des Brustkorbs durch, um die korrekte Position zu bestätigen. Es ist die am häufigsten verwendete Methode, um die korrekte Position der Katheterspitze zu überprüfen, da sie unabhängig von der Einstichstelle eine Effizienz von 95% bietet, wobei Effizienz als die Fähigkeit verstanden wird, die Spitze des ZVK in der oberen Hohlvene (SVC) und nicht im rechten Vorhof zu positionieren.1
INTRAKAVITÄRES ELEKTROKARDIOGRAMM

Einschränkungen

Wie jede Technik, hat auch die intrakardiale EKG-gesteuerte Spitzenlokalisierung einige Einschränkungen:

Sie kann nicht verwendet werden, wenn die P-Welle fehlt oder nicht auf dem EKG-Monitor aufgezeichnet werden kann: Vorhofflimmern, Vorhofflattern oder Herzschrittmacher-gesteuerter Rhythmus.3

Fazit

Die elektrokardiogrammgeführte zentralvenöse Platzierung ist eine valide Technik, die große Vorteile bietet:

  • Sensitivität von 97,3%.1
  • Genauigkeit von 100%.1
  • Falsch-Positiv-Rate von Null.1
  • Sie ermöglicht die Identifizierung aller Verdachtsfälle von Komplikationen.1
  • Sofortige und direkte Überprüfung der Katheterspitzenposition während der Platzierung.1
  • Keine Strahlenbelastung.1
  • Einfache Technik.1
  • Keine signifikante Erhöhung des Zeitbedarfs für die Platzierung.1
  • Niedrige Kosten.1

Die EKG-gesteuerte ZVK-Platzierung hilft bei der Erkennung und Reduzierung von Komplikationen hervorgerufen, durch anatomische Unterschiede. Aus diesem Grund und aufgrund der hohen Spezifität und Sensitivität dieser Technik, sollte sie bei der Platzierung eines ZVK eingesetzt werden.1

LITERATUR

  1. Argoti-Velasco, Y., Carrillo-Torres, O., Sandoval-Mendoza, R., Paez-Amaya, W., & CAhuantzi-Caballero, X. (2018). Proper electrocardiography-guided placement of a central venous catheter. Revista Médica del Hospital General de México, 81(4). https://doi.org/10.1016/j.hgmx.2016.09.007
  2. Smith, R. N., & Nolan, J. P. (2013). Central venous catheters. BMJ. Published. https://doi.org/10.1136/bmj.f6570
  3. Krishnan, A. K., Menon, P., Gireesh Kumar, K. P., Sreekrishnan, T. P., Garg, M., & Kumar, S. V. (2018). Electrocardiogram-guided Technique: An Alternative Method for Confirming Central Venous Catheter Tip Placement. Journal of emergencies, trauma, and shock, 11(4), 276–281. https://doi.org/10.4103/JETS.JETS_122_171
  4. Watters, V. A., & Grant, J. P. (1997). Use of electrocardiogram to position right atrial catheters during surgery. Annals of surgery, 225(2), 165–171. https://doi.org/10.1097/00000658-199702000-00004

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